Da wir grad in anderen Threads bei diesem Thema sind, will ich mal zwecks allgemeinem Amusement meine schon etwas angestaubte TÜV-Story aus dem Jahr 2012 erzählen.

Frisch fertig aus der Werkstatt habe ich leider den Fehler gemacht, einfach den von mir aus nächstgelegenen TÜV-Stützpunkt aufzusuchen. In der Werkstatt ging das leider nicht, da der zuständige Prüfer diese Art von Abnahmen nicht durchführen darf. Also Kurzkennzeichen geholt und rüber gefahren nach Düsseldorf. Stolz wie Oskar und einem Gefühl von Unverletzbarkeit, denn das war eine meiner ersten Ausfahrten. Zu überheblich, wie sich zeigen sollte… [rolling_eyes]

Seine ersten Worte waren: „Aha! Schöner alter Ami-Schlitten, na dann wollen wir mal schauen…“

Ich werde hier nicht alles haarklein wiedergeben, nur die Bonbönchen. Die Zitate sind bitte als sinngemäß zu sehen, Journalisten Freiheit.

Sein Blick fällt aufs Interieur und er sieht sofort den Riss im Sitzbezug Fahrerseite.

Er: „Das ist nicht so gut. Offensichtliche Beschädigung.“

Ich: „Ja, weiß ich. Neue Sitzbezüge sind bestellt, Original Style. Haben ewig lange Lieferzeiten“

Er: „Mag ja sein. Aber für H-Kennzeichen geht das so nicht.“

Dann widmet er sich erst mal der Technik zu.

Er: „Warum Vorne Scheibenbremsen?“

Ich: „Hat der Vorbesitzer umgerüstet. Wahrscheinlich aus Sicherheitsgründen. Ist jetzt auch ein 2-Kreis-System.“

Er: „Ist aber nicht original.“

Ich vorbereitet, Datenblatt eines 1967 Fury rausgeholt: „Zeitgenössisch innerhalb 10 Jahre, gleiche Baureihe.“

Er: „Ja OK, aber was ist das denn für eine Bremse? Marke Eigenbau?“
Ich Datenblatt des AAJ Umrüstkit rausgeholt: „Besteht aus Bauteilen Dodge Dart und Chevy Monaco.“

Er großzügig: „OK. Elektronische Zündanlage ist auch nicht original, aber ist schon OK“

Er: „Edelbrock Vergaser? Auch nicht original, ne?“

Ich: „Nein, aber was soll man machen, wenn es Carter nicht mehr gibt. Die Edelbrocks sind der Nachfolger.“

Er: „Aha, ja, OK.“

Er fährt die Bühne rauf.

Er: „Was sind das für Schalldämpfer? Die sehen nicht original aus.“

Ich: „Nee. Sind sie nicht. Sind Flowmaster. Die alten waren wohl kaputt.“

Er: „Was hat der Wagen für Geräuschwerte? Kann ich mal das Datenblatt sehen?“

Ich gebe es ihm, es sagt: „Geräuschwerte liegen leider nicht vor.“

Ich: „Ich habe hier Kopien von gleichen Fahrzeugen, da stehen die Geräuschwerte drin.“

Er, froh was gefunden zu haben: „Nee nee, das kann ich so nicht einfach abschreiben. Da müssen Sie eine Messung durchführen lassen.“

Es stellt sich heraus, dass ich dafür z.B. zum ADAC Übungsgelände in Grevenbroich fahren muss, da könne man das machen. Kostet ca. 200-300€. Ich kriege leichte Schnappatmung.

Aber es kommt noch besser, als er sich der Karosserie und Lackierung widmet. In der Tat, an den Schwellern sind im hinteren Bereich auf beiden Seiten ein paar Bläschen im Lack zu sehen. Haben sich übrigens bis heute nicht verändert.

Er: „Durchgerostet!“

Ich: „Naja, solange das nicht durch den Lack bricht! Ich spritz die Schweller mit Mike Sanders aus und dann ist das gestoppt!“

Er: „Das ändert nichts daran, dass das Blech durch ist an den Stellen. Oder?“

Er zieht einen Schraubenzieher aus der Tasche.
Er: „Soll ich mal eine Blase einstechen?“

Ich: „Nein, lassen Sie das bitte.“

Ich weiß nicht, ob das ein Scherz sein soll oder ein ernst gemeinter Vorschlag. Seine Miene verrät das nicht. Es brodelt in mir. Aber er setzt noch einen weiteren drauf.

Er: „Das ist ja ne ziemliche Ami-Lackierung. Von deutscher Lackierqualität weit entfernt.“

Er zeigt auf die Stelle, wo das Schwellerblech unten einen Bogen macht in die Horizontale. Dort ist eine Grenze zu sehen, im waagerechten Bereich. Dort hat der letzte Lackierer aufgehört. Im weiteren Verlauf nach innen ist noch der alte Rotton zu sehen.

Er: „Typisch Amis. Alles was nicht sichtbar ist wird nicht lackiert. Also, das geht so nicht. Wenn Sie sowieso die Schweller wegen den Durchrostungen machen, können Sie das auch alles hier untenrum ordentlich lackieren.“

Ich bin sprachlos, weiß nicht, was ich dazu sagen soll. Im Großen und Ganzen ist das übrigens für Ami-Verhältnisse eine sehr ordentliche Lackierung, da hab ich seitdem schon viel Schlimmeres gesehen.

Er: „Also eins kann ich Ihnen schon mal sagen: Ein H-Kennzeichen gibt´s für den Wagen so nicht. Da müssen Sie noch mal ran.“

Schließlich kommt noch der Handbremsentest. Auf dem Bremsenprüfstand gibt er ordentlich Gas und zieht kräftig an der Handbremse. Ergebnis: Schlechte Bremswerte. Und wie sich später herausstellt: Bremse ruiniert! Denn wer die Funktionsweise des kleinen Trömmelchen auf der Antriebsachse kennt, weiß warum. Das halten die kleinen Bremsbacken nicht aus. Leider hab ich überhaupt nicht daran gedacht, dass jemand damit so brutal umgehen könnte. Als wir die Trommel später aufmachen, rieselt uns fast der gesamte Belag entgegen.

Er: „Naja, die Bremswirkung der Trommelbremsen hinten sind auch nicht gut. Bei einem neuen Wagen kann ich das auch so nicht durchgehen lassen.“

Ergebnis:

Technik:
1. Fahrzeug-Identifizierungsnummer nicht in Fahrgestell eingeschlagen, nur Blechschild.
2. Bremsanlage: Ungenügende Wirkung
3. Bremsschläuche: Unsachgemäß montiert
4. Schlussleuchten getrennt absichern
5. Rückstrahler hinten: Fehlen alle
6. Sitze: Schadhaft, durchgesessen
7. Geschwindigkeitsmessgerät: „km/h“ Markierungen fehlen
8. Fahrzeug allgemein: Geräuschentwicklung Messung erforderlich

Oldtimerabnahme:

Verweigert, wegen…

1. Polster aufgerissen und verschlissen
2. Lackierung an den unteren Aufbauflächen unzureichend
3. Rostblasenbildung

Außer provisorischen Nähens / Stopfens des Risses im Sitzbezug und besagter Mike Sanders Konservierung hab ich nix davon gemacht.

Zu den technischen Mängel hab ich sofort danach erledigt:

1 -> Erledigt, hat aber später im Amt noch mal 50€ gekostet wegen „Wiedereinschlag der Fahrzeugidentnummer“

2 -> Handbremse, vom Prüfer vielleicht ungewollt, aber gewaltsam beschädigt, repariert mit neuen Belägen. Hintere Trommeln: Waren nicht ganz richtig mit den Vorderen ausgesteuert.

3 -> war berechtigt, beim Einschlagen zu stark geknickt.

4 -> Zwei Sicherungen rein, feddich

5 -> da sind die Katzenaugen mit gemeint. Hab welche mit Magnet gebastelt, kommen nur bei Prüfungen dran

6 -> Erst mal nix gemacht bzw. grob genäht, Interieur war für 1 Jahr später geplant

7 -> Hässliche kleine Aufkleberchen gemacht

8 -> Nix gemacht, können mich mal…

Völlig frustriert bin ich erst mal abgezogen und musste nachdenken. Nicht alleine, im Austausch mit anderen. Die Schilderung oben hab ich seinerzeit im Mopar Forum zum besten gegeben und es kam immer wieder der Ratschlag: Tu so als hätte der Abnahmeversuch gar nicht stattgefunden und such dir eine Prüfstelle unter Nutzung von Vitamin B.

Das hab ich dann auch gemacht. Zufällig sollte der Ferrari 328 von einem Kumpel eine Abnahme über seinen Ferrari-Schrauber bekommen, in Willich. Da hab ich mich dann drangehangen. Er kannte die Jungs in der Prüfstelle dort sehr gut. Meinen Prüfer kannte er übrigens auch, ist aber einmal und nie wieder dort gewesen. Er wollte ihn zwingen, aus Sicherheitsgründen für Passanten die Flügelmuttern der Felgen von einem Ferrari auszutauschen.

Als wir Kolonne auf den Hof rollten, kam einer der beiden Prüfer schon rausgelaufen und rief: „Christine und Magnum! Heute ist unser Glückstag!“

Da wusste ich: Hier bisse richtig!



Dementsprechend cool ist die ganze Sache dann auch abgelaufen. Die technischen Mängelchen waren ja eh alle behoben. Bezüglich der Oldtimer-Mängel habe ich mit offenen Karten gespielt und den Jungs erzählt, wie sich ihr Kollege in Düsseldorf angestellt hat. Riss im Sitz, Rostblasen, Lackierung. Die haben nur den Kopf geschüttelt und meinten der ticke doch nicht ganz sauber.

Zur Geräuschmessung:

Er: „Mach mal an!“

Christine: Brobbel brobbel brobbel

Er: „Ja, klingt doch gut. Ist doch nicht zu laut.“

Ich: „Ich hab hier den Geräuschwert von einem baugleichen Wagen. 85dB“

Er: „Alles klar, nehm ich.“

Beide Abnahmen §21 und §23 letztendlich mängelfrei. Geht doch. Und Spaß gehabt noch dazu. Alle.

Fazit: So unterschiedlich kann das sein je nach dem, an wen man gerät.

Nachdem ich die Zulassung in der Tasche hatte, habe ich eine Beschwerde über die Püfstelle in Düsseldorf an den Regionalleiter des TÜV geschrieben. Und dass ich in einer anderen TÜV Prüfstelle ohne manchen vermeintlichen Mangel zu beheben meine Abnahmen bekommen habe. Der hat mich prompt angerufen und sich entschuldigt. „Ich weiß, dass manche meiner Jungs ihren Job etwas zu ernst nehmen und päpstlicher als der Papst sind. Es wird uns leider noch etwas zu viel Ermessensspielraum bei den Abnahmeanforderungen gelassen.“ Er hat vorgeschlagen, mir die Kosten für den vergeblichen Abnahmeversuch in voller Höhe zu erstatten. Entschuldigung akzeptiert.

Was ich mir nicht habe nehmen lassen, ist Herrn Lehmann (Prüfer 1) später ein Exemplar der „Träume Wagen“ zuzuschicken. In dem Artikel wird sein Verhalten ja ein wenig durch den Kakao gezogen. Christine würde ihn eines Nachts aufsuchen etc. Schade, dass ich sein Gesicht nicht sehen konnte.